Wer sind wir, was tun wir - und warum?
Wir, der Karneval der Kulturen, sind die größte kulturelle Intervention im öffentlichen Raum in Deutschland (und mit eine der größten in Europa!), die sich klar gegen Rechtsextremismus und für eine freie, nachhaltige und friedliche Gesellschaft einsetzt.
Wir sind aber auch ein Mycel der Vielfalt, das weit über die Veranstaltung hinaus über das Jahr hinweg und in der ganzen Stadt tätig ist: das größte Netzwerk diverser Kulturschaffender Berlins.
Wir sind Graswurzelbewegung und post-migrantische Tradition, indem wir jährlich an Pfingsten im Herzen der Stadt vier Tage lang Zugehörigkeit und Vielfalt zelebrieren.
Jedes Jahr zeigen wir mit unserer Kunst Zähne gegen Diskriminierung jeglicher Art und zelebrieren eine offene und diverse Gesellschaft. Wie kaum wo anders, spiegeln wir und unsere Besucher*innen die Vielfalt Berlins und dieser Welt wider. Wir sind Menschen ganz unterschiedlicher Herkünfte und kultureller Bezüge, und bringen unsere Leidenschaften, Ideen und Wünsche kreativ auf die Straße um diese bei freiem Eintritt mit einem aufgeschlossenen Publikum (jährlich ca. 1.3 Millionen Menschen) zu teilen. Unsere tägliche künstlerische und Zusammenhalt-stiftende Arbeit wird an diesem Pfingstwochenende für die Öffentlichkeit sichtbar. Wir sind gelebte kulturelle Demokratie.
Auf dem großen Straßenumzug an Pfingstsonntag erobern wir - das sind jährlich bis zu 4.000 - Karnevalsakteur*innen den öffentlichen Raum und zeigen den kulturellen Reichtum unserer Stadt, die Vielfalt künstlerischer Ausdrucksweisen und den kreativen Umgang mit unterschiedlichen politischen und gesellschaftlich Themen. Wir kommen aus den unterschiedlichsten Berliner Communities, und teilen mit euch unsere pluriversen kulturellen Ausdrucksformen. Unsere Motive und Impulse sind so vielseitig wie unsere Stadt. Menschen jeden Alters, mit unterschiedlichsten Bezügen, aus jedem Kiez Berlins haben die Gelegenheit, Teil des Karneval der Kulturen Netzwerkes zu werden und mit ihrer Kunst und ihren Anliegen sichtbar für die Öffentlichkeit zu sein. Auch du kannst mitmachen!
Auf dem viertägigen Straßenfest wählen unsere Kurator*innen Berlin-basierte Bands aus, die hier eine große Bühne und begeisterte Zuhörer*innen finden. Bei freiem Eintritt gehen die Ohren und Tanzbeine unserer Besucher*innen auf musikalische Weltreise. Von anatolischem Jazz über Afrobeat, zu japanischem Fusionrock, Mestizo-Musik und BalkanBeats – Bühne frei für die grenzenlose Bandbreite der Berliner Musiklandschaft!
Im Grünen Bereich ‘shantYtown’ des Straßenfestes laden wir engagierte Vereine und Firmen ein, die für einen respektvollen Umgang mit der Umwelt und soziale Nachhaltigkeit stehen. Hier findet ihr neben Kunst und Musik auch Gastronomie aus ökologisch nachhaltig arbeitenden Betrieben und die Berliner ‚Food Truck‘-Bewegung.
Im Herzen des Festes ist der Rasen in Aktion eine bunte Oase mit Mitmachangeboten für kleine und große Menschen. Hier ist Raum für fantasievolles Gestalten, Jonglieren, Tanzen oder einfach einmal Durchatmen.
Im Bereich Zukunfts(T)raum auf dem Poco-Domäne Parkplatz, neben der AGB, erproben wir mit einem erweiterten Netzwerk innovativer zivilgesellschaftlicher und kultureller Inititativen mit unseren Besucher*innen verschiedene Möglichkeiten, sich mit Zukunftsimpulsen dieser Stadt zu verbinden, eigene mit einzubringen und gemeinsam zu bewegen.
Ein breitgefächertes kulinarisches Angebot und Kunsthandwerk aus Berlin und der Welt machen das Straßenfest schließlich komplett.
Zur Geschichte und Aktualität des Karneval der Kulturen
Als der Karneval der Kulturen 1996 zum ersten Mal durch die Straßen Kreuzbergs zog, verstanden wir uns als anti-rassistische und anti-diskriminierende Antwort auf fremdenfeindliche Ausschreitungen, die mit den rassistischen Angriffen in Rostock-Lichtenhagen eine bestürzende Zäsur setzten. Es ging uns darum, zu zeigen, dass wir alle hierher gehören - und dies gemeinsam zu feiern, um wachsenden Ängsten im öffentlichen Raum eine Stirn zu bieten. Dies ermöglichte uns außerdem, uns durch eine neue, eigene, gemeinsame Tradition vielfältig zu verbinden.
Ein Vierteljahrhundert später errichtet Europa neue Grenzzäune, während die Stimmung im Land von engagierter Willkommenskultur bis zu offener Gewalt gegen Menschen die nicht weiß gelesen oder deutsch verortet werden, reicht.
Die durch Corona verstärkten Echokammern und Polarisierungen in der Gesellschaft sowie kontrovers diskutierte Einengungen der Meinungs- und Kunstfreiheit bereiten uns weitere Sorgen.
Damals wie heute bilden Berliner Communities mit verschiedenen kulturellen Bezügen (nicht nur herkunftsbezogen!) den Kern unseren Netzwerkes. Wir machen mit dem Karneval öffentlichen Raum als klaren und sichtbaren Teil unserer Gesellschaft wieder sichtbar und sehen das Grundgesetz und die Universalität der Menschenrechte als unsere gemeinsame Basis an. Ob tiefe Verbundenheit mit bestimmten Aspekten von Kultur, der Kampf für eine intakte Umwelt, der Klangrausch durch diese eine Musikrichtung oder ein klares politisches Statement - poetisch oder brachial, fein oder laut, raffiniert oder mitten ins Gesicht - zum Karneval kann jeder das sein, was er möchte, solange dies mit unseren Werten in Einklang steht.